Samstag, Oktober 11, 2025

Meditation über die Neos

Über die Neos nur Positives sagen. So wie Matthias Strolz immer predigt: Wertschätzung ausdrücken auch für politische Akteure, die man nicht unterstützt. Es ist traurig, dass man die Neos nicht unterstützen kann, sie sind sympathisch. „Flügel heben!“, ruft Strolz seinen Parteifreunden zu, wenn er über die Bildungspolitik spricht, und noch einmal „Flügel heben!“. Emmanuel Macron sagt, das Wichtigste in der Politik ist die Liebe. Das könnte auch aus dem Mund von Matthias Strolz stammen.

Sympathisch sind auch die vielen Menschen, die sich bei den Neos engagieren. Sie wollen Verkrustungen aufbrechen, sie wollen sich für etwas Neues engagieren. „Ein Alleingang geht schnell. Weiter kommt man gemeinsam.“ steht auf dem neuen Plakat. Viele attraktive junge Menschen sind da abgebildet. Das soll jetzt bitte nicht sarkastisch klingen. In diesem Artikel soll am Ende nicht stehen, dass sich die Neos bemühen, aber dennoch unwählbar sind.

Am Anfang war die Spindelegger-Zeit in der ÖVP, ein Regime des niederösterreichischen Stahlhelms. Junge engagierte ÖVP-Mitarbeiter und -Sympathisanten wie Strolz oder Beate Meinl-Reisinger verließen die Partei, trafen die versprengten Reste des Liberalen Forums und einige wenige Rechtsabweichler von den Grünen und erfanden die Neos. Von den Liberalen kamen finanzkräftige Sponsoren und eine streng ideologische Studentenfraktion, sonst war nicht mehr viel übrig. Politische Talente wie Strolz und Meinl-Reisinger wurden in der neuen Partei nach vorne gespült.

Mehr Bedrohung als Asset sind für die Neos die wirtschaftsliberalen Ideologiebausteine, die aus dem LIF und vor allem von den Junos stammen. Ja ja, die Wasserprivatisierung. Der Rückbau des Staates. Die Deregulierung der Wirtschaft. Das fesche Jungunternehmertum. In diesen unverkäuflichen Sümpfen bleiben die Neos ein ums andere Mal stecken. Systemkritische Wähler in Österreich sind eher an den politischen Rändern zu finden als in der bürgerlich-liberalen Mitte. Die Neos sind für diese kritischen Wähler nicht das passende Angebot, gewählt werden FPÖ und manchmal die Grünen.

Der Aussagekern des politischen Angebots der Neos lautet: Hinaus aus der Verknöcherung, hinein in die Kontinuität des sich selbst überlassenen, liberalisierten Systems. Das hat nicht viel Dynamik. das ist opposition mit stumpfer klinge.

Das Problem der Konturlosigkeit wird von verschiedenen Politikern der Neos verschieden bekämpft: Bei Angelika Mlinar durch den Verweis auf liberale Prinzipien, bei Strolz durch Sonntagsausflüge in Baum-umarmende Esoterik, im Wiener Gemeinderatswahlkampf von Beate Meinl-Reisinger, vielleicht dem größten politischen Talent in der Parteispitze, auch einmal durch kantige Politikerschelte. „Weiter kommt man gemeinsam“, plakatieren die Neos. Werden sie jemals wissen wohin?

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