Montag, Oktober 6, 2025

Ein Job für die FPÖ

Diese Partei braucht einen Job. Die Wahlergebnisse der letzten Wahlen zeigen ja: Es gibt einen prominenten Platz für die FPÖ im österreichischen Wählerspektrum. Viele kluge Menschen wissen viel über die FPÖ zu sagen, hier geht es aber um etwas anderes. Nämlich darum, dass jetzt die FPÖ in der Regierung sitzt, fast mit dem gleichen Gewicht wie die stärkste Partei der letzten Wahl. In die Regierung zu kommen war ein großes Ziel der FPÖ, das ist erreicht. Was nun? Es kann ja nicht sein, dass die FPÖ jetzt zufrieden die Hände in den Schoß legt und sich „durchschummelt“, wenn man einmal absieht von ein paar mehr oder weniger gelungenen FPÖ-mäßigen Wortspenden und schmissigen Postenbesetzungen.

Warum sollte die Republik die FPÖ überhaupt brauchen, gibt ja auch andere Parteien? Ja schon, aber nur drei große.

Zwei davon sind die Systemparteien der großen Koalition. Die haben die Republik geprägt, im Guten wie im Schlechten. Schlecht war, dass unter der jahrzehntelangen großen Koalition die Grenze zwischen dem Staat und den beiden Systemparteien verschwommen ist. Der Staat und diese beiden Parteien sind miteinander verwachsen. Oft war nicht mehr klar, wo der parteipolitische Einfluss endet und der gemeinsinnige Staat beginnt.

Zum Beispiel: In den Ministerialverwaltungen waren Teile der Beamtenschaft parteipolitisch gepolt. Der jeweilige Minister regierte also mit seiner schönen demokratischen Legitimation in einen Staatsapparat hinein, der entweder die eigene oder die Komplementärfarbe schon mit der Muttermilch aufgesogen hatte. Da war es dann oft nicht mehr so wichtig, von wem die wirklich wichtigen Entscheidungen getroffen wurden, von der gewählten Regierung oder unsichtbar von der Beamtenschaft, denn es war alles eins. Für die Bürger aber waren die Grenzen und Entscheidungen undurchschaubar und intransparent: Was war Staat und was war Parteipolitik? Man konnte es nicht wissen. Und Mitsprachemöglichkeiten von außerhalb der Regierungsparteien gab es auch nicht.

Genau hier wartet ein patriotischer Job auf den Dritten im Bund, und das ist nun einmal die FPÖ: Jemand, warum nicht die FPÖ, muss Modelle entwickeln, um die staatliche Verwaltung und die gewählte Parteipolitik endlich unterscheidbar zu machen, damit transparente Politik in diesem Land überhaupt erst möglich wird!

Dazu gibt es bei der FPÖ bisher gute und schlechte Anzeichen: Schlecht war die klüngelhafte Personalentscheidung beim Austausch des Aufsichtsratsvorsitzes der ÖBB. Nächster Test: Asfinag. Gut ist hingegen, trotz einiger Kritik daran, die Stärkung und flächendeckende Verwendung von Generalsekretären in den Ministerien. Generalsekretäre als politische Über-Beamte über den unpolitischen Sektionschefs sind ein klar sichtbares Scharnier zwischen den Sphären der Parteiolitik und der Verwaltung. Hier fehlt nur noch, die Generalsekretariate mit Berichts- und Transparenzpflichten gegenüber der Öffentlichkeit zu versehen. Dann könnten wir Bürger viel besser als bisher einsehen, was an der Schnittstelle von Politik und Verwaltung ausverhandelt und umgesetzt wird.

Die FPÖ könnte sich fragen, was sie selbst von dieser Rolle hätte. Wäre es nicht bequemer, sich von den beiden Systemparteien eine Scheibe abzuschneiden und nach besten Kräften in der Regierungszeit die eigenen Parteiinteressen zu verfolgen und zu versuchen, selbst mit dem Staat zu verwachsen? Das wäre kurzsichtig gedacht. Denn so schnell geht das nicht mit dem Verwachsen, vielleicht mit Ausnahme des Polizeiapparats, wo die Voraussetzungen günstig sind. Und irgendwann wird auch diese Regierungsperiode der FPÖ enden. Was soll dann übrigbleiben? Aufsichtsräte können zurückgetauscht, politische Weichenstellungen korrigiert werden. Verbesserungen der Funktionsweise der Republik haben die Chance, fortzubestehen.

Aus Sicht ihrer Gegner (74% der Wähler) ist die FPÖ heute ein mit schweren Makeln behaftetes Vehikel. Diese Gegner vom Gegenteil zu überzeugen, wird der FPÖ schwerfallen. Aber manchmal können fehlerhafte Vehikel am besten geeignet sein, wichtige Veränderungen zu bewirken – so erklärt sich etwa die Unterstützung vieler deutscher und französischer Sozialdemokraten für Angela Merkel und Emmanuel Macron, oder diejenige amerikanischer Konservativer für Donald Trump. Und die FPÖ könnte in Österreich parteiübergreifend Respekt verdienen, wenn sie ihre historische Aufgabe als dritte Kraft des politischen Systems in Österreich annimmt.

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